Eine Odyssee

Mitten durch die Depression

Eine Odyssee mitten durch die Depression

Weißt du, wie Depression sich anfühlt?

Wage einen Blick in die Innenwelt eines schwer depressiven Menschen.

Vielleicht bist du sogar selbst betroffen und erkennst dich stellenweise in der folgenden autobiographischen Schilderung wieder? Dann darfst du es dir zugestehen, dich zu trösten und entlasten:

 

Du bist nicht allein mit deinem Leid!

 

Auch andere erleben ähnlich schwere Lebensphasen und haben vielleicht schon die ein oder andere Idee, wie sie diesen begegnen können.

Oder sie kennen schon rettenden Schritte, die auf eine hellere Wegstrecke führen.

 

„Zäh ziehen sich die Tage wie in einem nie enden wollenden Tunnel dahin.

Schwer

lastet das Morgengrauen auf mir,

die grausame Gewissheit,

einen neuen Tag durchstehen zu müssen.

 

Ach, dürfte ich doch noch hier liegen bleiben,

vom schützenden Mantel meiner Bettdecke umhüllt!

 

Kein Müssen,

kein Sollen,

kein zähes Ringen an diesem Tag,

um ihn Stunde um Stunde abzuarbeiten.

 

Nur das trostlose Grau meines Gemütes

in Regungslosigkeit dahindämmern lassen,

 – das ist mein einziger Wunsch.

 

Nicht mehr aufwachen müssen – meine einzigselige Vorstellung.

 

Nichts zieht mich nunmehr in eine aufrechte Position –

mein ganzes Sein ist abgeknickt,

mein Rückgrat gebrochen,

der Halt dahin, Freude ein Fremdwort aus längst vergangenen fernen Welten,

denen ich nicht mehr angehöre.

 

Doch auch die Bettdecke böte mir keinen wohlig wärmenden Zufluchtsort, den ich mit jeder Pore genießen dürfte.

Nein, in meinem Bett wäre ich meinen ungenießbaren Gedanken hoffnungslos ausgesetzt, säße in einem Gefängnis, in dem die kalten Wände meine Ängste in lautem Widerhall zurückschlügen und ich ihnen umso schonungsloser ausgeliefert wäre.

Zudem ließe mich die schwere Tagesdecke, gewebt aus schlechtem Gewissen und Selbstanklagen, kaum noch atmen, so drückend läge sie über mir –  angefüllt mit ihren kraftlosen, untätigen Daunen.

Ich hätte nicht die Kraft, mich wieder aufzurichten.

 

Weil ich jedoch aufstehen muss,

um meine Kinder zu versorgen und in den Tag zu schicken, weit weg von mir und meiner Hölle, der ich sie so wenig wie möglich aussetzen möchte,

so bleibt mir nur der ewig gleiche, morgendliche Kampf gegen Goliath – meinen inneren schwarzen Hund, der sich mir wie ein Koloss in den Weg stellt. Ich taumele schwerfällig aus dem Bett und streife stumpfsinnig und wahllos Kleidung über mich. 

Ein guter Psychologe würde darin einen mutigen Sieg erkennen. Mir jedoch liegt diese Sichtweise so endlos fern, dass Freude und Stolz darüber nicht einmal im Keim aufkommen, geschweige denn, dass ich überhaupt fähig gewesen wäre, diese Gefühle auch nur ansatzweise zu spüren.

 

Nach vier ganzen Monaten, weit über hundert Tagen einsamen Kämpfens, erscheint es mir dann wie ein wahres Wunder, wenn ich plötzlich einen feinen, flüchtigen Sonnenstrahl mit einem Lächeln begrüße.

Ein anderes Mal verspüre ich auf einmal den Wunsch in mir, in dem lange vernachlässigten Garten ein paar Samen auszusähen – aus reiner Freude!

 

Noch traue ich dem Wiedererwachen meiner Lebensgeister nicht. Und doch wandelt sich mein inneres Erleben unübersehbar:

 

Die Freude und Dankbarkeit, in innerem Frieden durch einen Supermarkt gehen zu dürfen, Schritt für Schritt!

Die Befreiung auszukosten, an diesem Ort nicht mehr von dem Konglomerat aus Ideenlosigkeit, schaler Übelkeit und Entscheidungskämpfen hindurchgejagt zu werden!

Dankbar ziehe ich diese neu erblühenden Alltagsfreuden in tiefen Zügen in mich ein und erfahre mich in einem in Freude getränktem Tätig-Sein: Sogar die Kloschüssel reinige ich innerlich jauchzend voll von Hingabe an das Leben, bin zutiefst dankbar für diese Erfahrung, wieder Sinn und Antrieb im einfachen Tun spüren zu dürfen.

Freude und Dankbarkeit bilden nun mein neues Lebenselixier, das in jedem einzelnen Augenblick meine Adern durchströmt und die Liebe zu mir selbst und zu dieser Welt aufs Neue entfacht, mit einer nie zuvor erfahrenen Wucht.

 

Aus einem unerschöpflichen Kelch trinke ich diesen köstlichen Trank voll dankbarer Demut,

bade mich darin und

genieße mit jeder einzelnen Pore

die lebensfrohe Frische

meines neu erweckten

Seins.“

 

(2017)

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